…wie Gott in Zeiten von Corona wirkt!
„Sie sind positiv!“
Okay nun also doch. Nach dem dezenten Hinweis der Arzthelferin meiner Hausarztpraxis, mich doch dringend beim Gesundheitsamt zu melden, nun die Gewissheit auf den Verdacht. „Also, Ihr Test ist positiv“, bestätigt mir nun auch die Sachbearbeiterin des Gesundheitsamtes. 1000 Dinge und Fragen schießen mir gleichzeitig durch den Kopf. Ich weiß nicht ob ich weinen oder lachen soll, vor Angst was nun folgen kann oder Erleichterung endlich zu wissen was los ist. Eigentlich drehte es sich beim Test eher um meinen Sohn. Er hatte ca. 11 Tage nach Kontakt mit einer positiv getesteten Mitschülerin Husten bekommen. Bei meinem Mann und mir klingeln die Alarmglocken. Wir informieren das Gesundheitsamt, aber am Wochenende erreichen wir dort niemanden. Eigentlich wollten meine Eltern zu Besuch kommen, doch das sagen wir ab.
Am Montag dann endlich der Kontakt mit unserer Sachbearbeiterin, die den Fall meines Sohnes bereits kennt. Sie ordnet Quarantäne für ihn an und einen Test. Mein Mann, der aufgrund seines Berufs Erfahrung im Umgang mit ärztlichen Kassen und Behörden hat, schmückt mein Kratzen im Hals zu manifesten Halsschmerzen aus, denn er will, dass auch ich getestet werde. Dafür müssen handfeste Symptome her. Es klappt, mein Sohn und ich sollen uns noch am gleichen Tag bei unserem Hausarzt im Hof testen lassen. Der Husten meines Sohnes hat mittlerweile wieder nachgelassen und er ist fit wie eh und je. Mein „Halsweh“ hält sich in Grenzen, ab und zu muss ich husten. Wir haben uns nicht infiziert, sind wir uns sicher. Trotzdem halten wir uns die nächsten Tage alle an Quarantäne-Regeln. Obwohl nur mein Sohn offiziell im Haus bleiben muss, bleibt auch die Mittlere aus dem Kindergarten zuhause – sind ja bis auf Papa eh alle da. Ich gehe Einkaufen – vorsichtig, mit viel Desinfektion und Abstand.
Am Dienstag werde ich zum ersten Mal stutzig: Mit den Kids lege ich eine Sporteinheit im Wohnzimmer ein und anschließend gehe ich mit den Mädchen spazieren. Mir ist schwindlig und ich fühle mich nicht (wie sonst) gut nach dem Sport, sondern ziemlich k.o. Abends bekomme ich leichte Atemnot. Für mich als Tierhaarallergikerin, die mit einer Katze im Haus wohnt, nicht ungewöhnlich. Komisch nur, dass meine Mittel, die sonst immer wirken, diesmal nicht anschlagen.
Der Mittwoch verläuft ähnlich, aber ich fühle mich wieder fitter. Als mein Mann nachmittags von der Arbeit nach Hause kommt, verspüre ich den Drang mich etwas aufs Sofa zu legen. Ich schlafe 1,5 Stunden und wache mit enormen Kopfschmerzen auf. Als Migräne-Patientin auch das für mich nichts Neues. Ich vermute einen Migräne-Anfall.
Am Donnerstagvormittag endlich der lang erwartete Anruf der Sachbearbeiterin: Mein Sohn ist negativ. Ich freue mich schon, dass er endlich wieder raus darf, muss dann aber erfahren, dass er seine 14 Tage fertig absitzen muss. In Gedanken habe ich meinen Test schon als ebenfalls negativ abgehakt. Die Sachbearbeiterin will schon auflegen, als ich sie gerade noch fragen kann, was denn mit mir ist, ich ja dann wohl auch negativ sein muss. Sie hält einen Moment inne und fragt mich dann, ob ich denn auch getestet worden sei. Als ich bejahe durchsucht sie ihre Datenbank nach meinem Ergebnis -nichts zu finden. Ich kontaktiere meinen Hausarzt und erhalten den ersten Hinweis. „Sie sollten sich dringend beim Gesundheitsamt melden!“ Scheiße. Doch positiv.
An diesem Tag telefoniere ich so viel wie gefühlt noch nie in meinem Leben. 5x mit meiner Sachbearbeiterin hin und her, mit Familie, Freunden und potentiellen Kontaktpersonen. Unsere Quarantäne hatten dank Statusmeldungen in sozialen Netzwerden viele mitbekommen. Viele Nachfragen und viel Anteilnahme, viele Genesungswünsche. Ich berichte gefühlt 100x über meine Symptome und werde nicht müde sie zu erzählen. Mein Redebedarf scheint in der Aufregung sehr groß zu sein. Es lenkt mich von meinen Sorgen hab: Wo habe ich mich denn nur infiziert? Was wenn meine Atemnot doch schlimmer wird? Rufen wir dann den Krankenwagen? Sind die Kinder infiziert? Was machen wir jetzt 2 Wochen ohne raus zu dürfen? Welche Konsequenzen hat es für die Station meines Mannes, wenn auch sein Test positiv ist?
Mein Mann freut sich über die Quarantäne. Er macht sogar einen Luftsprung. Klar, als Pfleger kann er kein Homeoffice machen und er ist ein Stubenhocker. Nun wird er quasi für seine Lieblingsbeschäftigung bezahlt. Zwischendurch beobachte ich immer die Kinder, messe Fieber und frage nach Symptomen. Der Große hustet nach wie vor und tobt durchs Wohnzimmer, er macht Wettrennen mit der Mittleren. Sie hat nichts. Die Kleinste hustet auch und ist anhänglich, will dauernd auf den Arm. Ich tröste sie, während ich Sprachnachrichten schicke und tippe.
Am Abend bin ich froh, dass der Tag vorbei ist. Ich komme endlich zur Ruhe. Ich denke nach und werde ruhig. Gott ist da, spüre ich. Er gibt mir Frieden darüber wie es jetzt ist. Ich kann es nicht ändern und mich jetzt nur auf ihn verlassen, dass er mich und meine Familie durchträgt.
Dabei stelle ich fest, dass wir in dem ganzen Chaos viel Segen bereits erlebt haben: Dass meine Eltern nicht mehr gekommen sind, dass wir bereits vorsichtig waren und Abstand gehalten haben, wenn wir draußen waren, dass wir unsere Tochter nicht mehr in den Kindergarten geschickt haben… Als hätten wir es geahnt oder als hätte uns jemand leise vorgewarnt. Bei meinem letzten Besuch bei meiner Heilpraktikerin haben wir bereits besprochen was ich tun kann, wenn eine Infektion droht, um dem Immunsystem auf die Sprünge zu helfen. Beim Einkaufen habe ich die letzten Wochen immer etwas mehr in den Wagen gepackt um genug Vorräte für eine eventuelle Quarantäne zu haben. All das hilft uns jetzt.
Wir merken, wie dankbar wir für unsere liebevolle Nachbarschaft und unsere Freunde sind, die jederzeit bereit sind uns mit allem Notwendigen oder auch nicht Notwendigem zu versorgen. Wir freuen uns über unser Stadthaus mit Garten und Dachterrasse, mit vielen Häusern drum herum, wo man immer die Möglichkeit hat sich jetzt mit großem Abstand über den Gartenzaun zu unterhalten. Wir sind isoliert, aber nicht völlig. Auch dass in unserer Gemeinde kurze Zeit vorher alles auf virtuelle Treffen umgestellt wurde, ist jetzt für uns ein Segen: Die Kinder freuen sich schon darauf ihre Freunde aus der Kinderstunde heute Nachmittag live zu sehen.
Wenn du dich gerne mit einer Betroffenen austauschen möchtest oder Fragen hast, freue ich mich über deine Nachricht: janagutmann@hotmail.com!